Immer wieder wird auch in der Sozialwirtschaft die Frage gestellt:
“Wie sieht gute Führung aus und was ist gutes Management?”
Vereinfacht könnte man sagen: Führende tun die richtigen Dinge, Manager machen die Dinge richtig.
Gute Führung ist für das Überleben eines Unternehmens von entscheidender Bedeutung. Daher will ich unter dieser neuen Rubrik Führung und Management immer wieder Stellung zu dieser Thematik nehmen und meine Erfahrungen als langjähriger Geschäftsführer der CBT, eines großen und bedeutenden Sozialunternehmens, an dieser Stelle weitergeben.
Das Erfolgsgeheimnis ist so trivial, dass ich es kaum zu sagen wage: kümmere dich nicht um das Geschäft. Kümmere dich um deine Kunden und Mitarbeitenden. Der Rest kommt von alleine.
Vielleicht denken Sie jetzt: das tun wir doch auch. Für diese Information müssten wir nicht diesen Beitrag lesen. Aber tun Sie es wirklich, so wie ich Ihnen mein Konzept jetzt schildere und setzen Sie wirklich alles um, was so banal klingt, für den Erfolg aber elementar ist?
Wie könnte es also gehen, um mit Werten auch wirtschaftlich erfolgreich zu sein? Und wie muss ein Unternehmen beschaffen sein, um gute Kräfte, die qualitäts- und kostenbewusst arbeiten, zu binden und neue zu finden?
Für mich ist dies ganz eindeutig und ich kann es auch aus meiner Zeit als Geschäftsführer der CBT nachweisen. Basis für diesen Erfolg war eine werte-orientierte Führungs- und Unternehmenskultur.
Auf dieser Grundlage habe ich in Anlehnung an Tom Peters das Konzept der tragenden Hand entwickelt und die in Unternehmen typische Organisationsstruktur umgedreht. An der Spitze stehen Kunden und Mitarbeitende, nicht die Vorstände oder Geschäftsführer. Diese stehen unten und haben die tragende und dienende Aufgabe.
So ist im Unternehmen alles darauf ausgerichtet, den Kunden hohe Qualität und den Mitarbeitenden optimale Arbeitsbedingungen zu bieten.
Hieraus abgeleitet nenne ich folgende Erfolgskriterien:
In den einzelnen Kapiteln bin ich mit folgenden Überschriften auf diese Erfolgskriterien eingegangen:
01: Führung trifft auf Mensch
02: Was macht ein ideale Führungskraft aus?
03: Wer nur rechnet, verrechnet sich!
04: Der Kunde ist die wichtigste Person
05: Mitarbeitende sind das kostbarste Vermögen
06: Einfach Führen
07: Sinn vermitteln
Im neuen Kapitel heisst es nun:
Für Ziele sorgen
In der Sozialbranche wird immer noch gerne romantisch formuliert:
“Der Weg ist das Ziel.”
Wenn man das Ziel jedoch nicht kennt, ist kein Weg der richtige.
Ein Leitbild ist wirkungslos, wenn nicht hieraus konkret messbare Ziele abgeleitet und am Ende des Jahres auch überprüft werden. Erst mit Zielen ergibt sich eine Verbindlichkeit des Tuns für Führende und Mitarbeiter. Arbeit wird transparent, Veränderungen werden nicht nur beabsichtigt nach dem altbekannten Motto: “wir könnten, wir sollten, wir müssten”, sondern auch durchgeführt und ihre Ergebnisse sind am Ende des Jahres sichtbar und überprüfbar.
Schon Johann Wolfgang Goethe wusste:
“Erfolgreich zu sein setzt zwei Dinge voraus: klare Ziele und den brennenden Wunsch, sie zu erreichen.”
Cartoon von Thomas Plaßmann
Ziele fokussieren Zukunft, richten den Blick also nach vorne, gestalten den Wandel, Ziele ermöglichen die Kontrolle der Wirksamkeit der Maßnahmen und Verbindlichkeiten. Ziele motivieren. Doch nach wie vor wird dieses wirksame Instrument in den meisten Sozialbetrieben viel zu wenig genutzt.
Wie sollen Pflegende lernen, Pflegeziele zu formulieren, wenn im Pflegeheim noch nie mit Zielen gearbeitet wurde. Stattdessen wird nach der Devise verfahren: „Nachdem wir unser Ziel endgültig aus den Augen verloren hatten, verdoppelten wir unsere Anstrengungen.“
Ziele müssen hinsichtlich der Dimensionen Qualität, Kosten und Zeit definiert werden und es muss eine gleichzeitige Verbesserung auf allen drei Achsen angestrebt werden. Ein gewinnorientiertes Unternehmen muss diese drei Dimensionen optimieren, um rentabel zu sein. Ein Non-Profit-Unternehmen muss sie optimieren, um mit den gegebenen Ressourcen ein Maximum an qualitativ hochwertigen Dienstleistungen anbieten zu können.
Damit Ziele auch erreicht werden können, gehören immer drei Elemente zusammen: Ziele, Mittel, Maßnahmen. Auf diese Weise lernen alle Beteiligten, ganzheitlich und unternehmerisch zu denken und zu handeln.
Und Ziele müssen vor allem auch realistisch sein. Die österreichische Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach hat das wunderbar poetisch beschrieben:
„Das eilende Schiff, es kommt durch die Wogen,
wie Sturmwind geflogen.
Voll Jubel ertönt’s vom Mast und vom Kiele:
wir nahen dem Ziele.
Der Fährmann am Steuer sprach traurig und leise:
wir Segeln im Kreise.“
Was heißt das alles konkret?
Für das Unternehmen CBT habe ich mit den leitenden Mitarbeitern zunächst für einen Zeitraum von 5 bis 10 sogenannte Perspektiven erarbeitet. In diesen Perspektiven wurden die demographischen Trends, die sozialen Trends, die Veränderungen des Krankheitspanoramas und die Veränderungen in den sozialrechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen beschrieben und im zweiten Schritt hieraus dann die mittelfristigen Ziele abgeleitet.
Diese neuen Ziele ergaben sich aus dem Vergleich von Kundenerwartungen und Umweltanforderungen mit dem Leistungsspektrum des Unternehmens. Aus externen und internen Analyseergebnissen konnten dann qualitative und quantitativen Zielsetzungen abgeleitet werden.
Leiten ließen wir uns von der schönen Aussage von Viktor Hugo:
„Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber ich weiß, dass es anders werden muss, wenn es besser werden soll.“
Zunächst wurden vier Oberziele z.B. für den Unternehmensbereich „Wohnen und Begleiten älterer Menschen“ definiert:
-
- Menschen begleiten,
- Mitarbeitenden Raum geben,
- Christliche Werte leben,
- Effektiv arbeiten
Für diese Basisziele wurden anschliessend einzelne Teilziele einschließlich konkreter Maßnahmen formuliert – Auszug:
Letztendlich geht es immer um das Bestreben, Gutes durch Besseres zu ersetzen, verschüttete Quellen freizulegen, bewährtes Altes durch neue Erkenntnisse zu ergänzen und den verkrusteten Boden für die neue Saat zu bereiten.
Auch wenn ich im vorigen Kapitel das Thema schon behandelt habe, will ich an dieser Stelle trotzdem noch einmal auf die Frage eingehen, ob Zielvereinbarungsgespräche mit einem Bonussystem gekoppelt werden sollten.
Viele Unternehmen bezahlen ihre Mitarbeitenden leistungsbezogen, um aus ihnen das Beste heraus zu holen. Doch ein Bonussystem ist oft kontraproduktiv. Die Mechanik ist einfach: das Jahresgehalt wird in ein Fixum und einen variablen Anteil aufgeteilt. Der variable Anteil dient als Anreiz, der dann ausgezahlt wird, wenn der Mitarbeitende ein vorher definiertes unternehmerisches Ziel erreicht hat.
Ich wundere mich jedoch darüber, dass Unternehmen glauben, Mitarbeitende motivieren zu müssen, damit diese im Sinne des Unternehmens handeln. Denn zur Erbringung dieser Leistung hat sich der Mitarbeitende doch in seinem Arbeitsvertrag verpflichtet und das Unternehmen zahlt ihm ein entsprechendes Gehalt. Mit einem finanziellen Anreiz unterstellt das Unternehmen dem Mitarbeitenden sogar, dass er womöglich nur einen Teil seiner Arbeitsleistung erbringen wird.
In meinen Jahren als Geschäftsführer habe ich festgestellt, dass Mitarbeitende immer öfter anfingen, bei den Zielgesprächen zu mauern.
Ihnen ging es nicht mehr darum, herausfordernde Ziele zu finden, sondern auf bequeme Art einen größtmöglichen Verdienst zu erhalten. Bei einem solchen System steht dann nicht mehr der Unternehmenserfolg im Vordergrund, sondern der persönliche finanzielle Erfolg.
Das Bonussystem halte ich also für kontraproduktiv, erst recht in der Gesundheits- und Pflegebranche. Pflegende werden nicht durch variable Gehaltsanteile motiviert, sondern sie sind in der Regel von sich aus motiviert.
In der heutigen Zeit brauchen Unternehmen Mitarbeitende, die kreativ sind, die mitdenken, die Eigenverantwortung übernehmen und zuverlässig sind. Und diese Eigenschaften ergeben sich aus der intrinsische Motivation.
Hierzu braucht es aber wie schon oben beschrieben Sinn-Stiftung als ureigene Führungsaufgabe. Wenn Führende versuchen, mit einem Bonussystem die Mitarbeitermotivation zu erhöhen, bleibt die individuelle Sinngebung auf der Strecke.
Damit keine Missverständnisse entstehen: das Führen mit Zielen halte ich für elementar wichtig, aber die Ziele dürfen nicht an das Gehalt geknüpft werden. Besser ist, ein Festgehalt zu vereinbaren, das mit der Leistung des Mitarbeiters korreliert. Zeigt der Mitarbeitende auf Dauer besonders gute Leistungen, ist sein Gehalt zu erhöhen. Wenn der Mitarbeitende jedoch trotz Unterstützung ständig Minderleistungen erbringt, ist sein Gehalt zu reduzieren oder man trennt sich von diesem Mitarbeitenden.
Wenn das Unternehmen am Ende des Jahresüberschüsse erzielt und gut gewirtschaftet hat, dann macht es Sinn, an alle Mitarbeitenden einen Bonus zu zahlen.