Immer wieder wird auch in der Sozialwirtschaft die Frage gestellt:
“Wie sieht gute Führung aus und was ist gutes Management?”
Vereinfacht könnte man sagen: Führende tun die richtigen Dinge,
Manager machen die Dinge richtig.
Gute Führung ist für das Überleben eines Unternehmens von entscheidender Bedeutung. Daher will ich unter dieser neuen Rubrik Führung und Management immer wieder Stellung zu dieser Thematik nehmen und meine Erfahrungen als langjähriger Geschäftsführer der CBT, eines großen und bedeutenden Sozialunternehmens, an dieser Stelle weitergeben.
Nachdem es in Kapitel
01 hieß: “Führung trifft auf Mensch”, in Kapitel
02 “Was macht ein ideale Führungskraft aus?” in Kapitel
03 “Wer nur rechnet, verrechnet sich!” und in Kapitel
04 “Der Kunde ist die wichtigste Person”
will ich in den nächsten Kapiteln beschreiben, was sich ändern muss und wie dies gelingen kann, nämlich mit einer werteorientierten Führungs- und Unternehmenskultur. Hierzu habe ich in Anlehnung an Tom Peters das Konzept der tragenden Hand entwickelt und die in Unternehmen typische Organisationsstruktur umgedreht. An der Spitze stehen Kunden und Mitarbeitende, nicht die Vorstände oder Geschäftsführer. Diese stehen unten und haben die tragende und dienende Aufgabe. So ist im Unternehmen alles darauf ausgerichtet, den Kunden hohe Qualität und den Mitarbeitenden optimale Arbeitsbedingungen zu bieten.
Diese Philosophie spiegelt sich im folgenden Schaubild wider:
Dass dieses Konzept von Erfolg gekrönt ist, beweisen die Ergebnisse des Wettbewerbs „Bester Arbeitgeber Deutschlands“ bzw. „Bester Arbeitgeber im Gesundheitswesen, an dem sich die CBT unter meiner Geschäftsführung dreimal beteiligt hat:
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- 95 % der Mitarbeiter sagen: „ meine Arbeit hat eine besondere Bedeutung für mich und ist nicht einfach nur ein Job.“
- 95 % sagen, sie werden fair behandelt,
- 88 % sind stolz auf das, was sie hier gemeinsam leisten,
- 88 % empfehlen das eigene Haus,
- 84 % sagen: „ dies ist ein guter Arbeitsplatz“.
- die Krankheitsquote beträgt 3 %,
- die Fluktuation 4 %
- Annoncen zur Gewinnung von Fachkräften sind überflüssig.
Dies sind großartige Ergebnisse und der beste Beweis dafür, dass es sehr wohl möglich ist, trotz erschwerter Rahmenbedingungen dennoch für optimale Voraussetzungen in den Unternehmen zu sorgen, Mitarbeitende zu begeistern und mit Werten erfolgreich zu sein.
Wie könnte es also gehen? Wie muss ein Unternehmen beschaffen sein, um erfolgreich zu sein, um gute Kräfte, die qualitäts- und kostenbewusst arbeiten, zu binden und neue zu finden?
Das Erfolgsgeheimnis ist so trivial, dass ich es kaum zu sagen wage: kümmere dich nicht um das Geschäft. Kümmere dich um deine Kunden und Mitarbeitenden. Der Rest kommt von alleine.
Vielleicht denken Sie jetzt: das tun wir doch auch. Für diese Information müssten wir nicht diesen Beitrag lesen. Aber tun Sie es wirklich, so wie ich Ihnen mein Konzept jetzt schildere und setzen Sie wirklich alles um, was so banal klingt, für den Erfolg aber elementar ist?
Die entscheidenden Kriterien für den Erfolg sind:
In Kapitel 04 habe ich beschrieben, dass der Kunde die wichtigste Person ist. Jetzt behaupte ich in Kapitel 05:
Mitarbeitende sind das kostbarste Vermögen
Mit einer amüsanten Anekdote möchte ich diesen Beitrag eröffnen.
Drei Mütter unterhalten sich über ihre Söhne.
Die Erste ganz stolz: „Mein Sohn ist Pfarrer, den grüßen alle mit
„Herr Hochwürden“!
Darauf die Zweite: „ Das ist doch gar nichts, mein Sohn ist Bischof,
den grüßen alle mit „Euer Eminenz!“
Die Dritte etwas zerstreut: „Ich weiß nicht, immer wenn ich erzähle,
dass mein Sohn Altenpfleger ist, sagen alle: „Ach du lieber Gott!“
(abgewandelt nach: Herbert Effinger, Lachen erlaubt. Witz und Humor in der sozialen Arbeit.)
Bei der hier sichtbar werdenden mangelnden öffentlichen Wertschätzung des Altenpflegeberufes ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Mitarbeitende ihr Arbeitsfeld verlassen und junge Menschen nicht für diesen Beruf gewonnen werden können.
Doch in der modernen Arbeitswelt ist die Wertschätzung eine Schlüsselgröße für Innovation, Qualität, wirtschaftlichen Erfolg sowie Gesundheit und Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Die Folgen mangelnder gesellschaftlicher und unternehmensinterner Wertschätzung sind dramatisch: Fachkräftemangel, hohe Fluktuation und schwacher Marktwert der Dienstleistung. Anerkennung von außen, stolz auf die eigene Leistung und eine wertschätzende Unternehmens- und Führungskultur durchbrechen diesen Teufelskreis.
Aber Vorsicht: Wertschätzung ist in aller Munde. Der Begriff Wertschätzung wird heute beinahe inflationär und viel zu oft falsch verwendet. Überall sollen Führungskräfte Wertschätzung zeigen, um Mitarbeiter zu halten und zu begeistern. Umgangssprachlich wird Wertschätzung oft mit Lob und der Anerkennung von Leistung gleichgesetzt.
Doch das ist falsch. Wertschätzung ist mehr – es ist eine Herzens- und Geisteshaltung, die immer auch den Menschen sieht und nicht nur dessen Ertrag und seine Funktion. Echte Wertschätzung sieht den Mitarbeitenden als Mensch, als einzigartige Persönlichkeit und ist verbunden mit Respekt, Wohlwollen und Anerkennung und drückt sich aus in Zu-Gewandtheit, Interesse, Aufmerksamkeit, Freundlichkeit und Zu-Hören-Können.
Die Qualität der Arbeit also und damit die Zukunft von Unternehmen steht
und fällt mit einer solchen Kultur des Miteinanders sowie der Qualifizierung und Befähigung der Mitarbeitenden und ihrer Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Nur zufriedene Mitarbeiter können auch gute Gastgeber sein.
Ihre Fähigkeiten und ihre Motivation bilden die Grundlage der Leistung und
der Qualität und sie allein sind zukunftsfähig – nicht Institutionen und Techniken, nicht Methoden und Apparate.
Mitarbeitende gilt es daher zu fördern
-
- durch gute Einarbeitung und Begleitung,
- durch Fortbildungen und Supervision,
- durch Ernstnehmen der Kompetenz und Kreativität,
- durch flexible Arbeitszeiten,
- durch Übertragung von Verantwortung
- durch die Möglichkeit zu selbst bestimmtem Arbeiten
- durch Mitgestaltung Ihrer Arbeitsbedingungen und
- durch angemessene Vergütung ihrer Leistung.
Cartoon Thomas Plassmann
Der Arbeitsplatz bleibt aber oft ein initiativ leerer Raum. Die Selbstverantwortung der Mitarbeitenden wird nicht konsequent genug gefordert und gefördert. Viele Mitarbeiter sind abgetaucht, haben infolge der Entmündigung durch Führungskräfte verlernt, Verantwortung für sich, ihre Motivation und ihre Leistung zu übernehmen. Dienst nach Vorschrift ist die Folge.
Die altbekannten Rezepte bringen hier keine Veränderung: Motivation durch Geldanreize bis hin zur Wiederbelebung des bereits tot geglaubten betrieblichen Vorschlagswesens.
Es geht um das Bewusstsein, mit dem Menschen ihre Arbeit tun: um Engagement, Initiative und das Gefühl, mit dem eigenen beruflichen Lebensweg im richtigen Zug zu sitzen. Dort, wo sich Mitarbeitende entfalten, sich entwickeln und ihre Leistung möglichst ungestört erbringen können, verändert sich auch das Unternehmen. Je selbstständiger die Mitarbeiter, desto unternehmerischer wird das Unternehmen. Das setzt Vertrauen voraus.
Hierauf gehe ich in einem der nächsten Kapitel ein.
Anders ausgedrückt: Unternehmen sind nur so gut wie die Menschen, die für sie arbeiten. Die „Kunden“-Beziehung kann nicht besser sein als die Beziehung zwischen Management und Mitarbeitenden. So wie man innen miteinander umgeht, wird man auch von außen wahrgenommen.
Was Unternehmen bei Mitarbeitern falsch machen, können Sie beim Kunden nicht besser machen. Wer ein schlechter Arbeitgeber ist, disqualifiziert sich auch als Anbieter. Hier liegt für mich vor allem auch die Ursache für Missstände in der Pflege. Pflegemängel treten fast ausnahmslos dort auf, wo es Defizite in der Führung gibt.
Und wenn an der Spitze ein Neurotiker sitzt, dann wird er nicht dadurch geheilt, dass an der Basis die Mitarbeiter ausgetauscht werden.
Der Kabarettist Werner Schneyder hat einmal gesagt:
„Es gibt zwei Arten von Chefs: der eine steht über allem,
der andere übersteht alles.“
Doch wie muss ein Unternehmen beschaffen sein, um gute Kräfte anzuziehen und zu halten?
Die Antwort auf diese Frage ist einfach: gute Leute brauchen eine Arbeitsumgebung, die ihnen entspricht. Und sie brauchen gute Führungskräfte, die diese Arbeitsumgebung schaffen.
Das jedenfalls haben Marcus Buckingham und Curt Coffman vom amerikanischen Gallup-Institut herausgefunden. Sie leiteten die größte Studie, die es jemals zu diesem Thema gegeben hat. Über 24 Jahre wurden etwa 80.000 Führungskräfte und über 1 Million Mitarbeiter befragt. Das Ergebnis dieses Projektes ist revolutionär. Denn es räumt mit vielen gängigen “Management-Weisheiten” auf.
Wie sieht demnach eine Arbeitsumgebung aus, die gute Leute anzieht und hält? Laut dieser Studie besteht sie dann, wenn zwölf Fragen von den Mitarbeitern mit „trifft voll und ganz zu“ beantwortet werden, wobei die ersten sechs Fragen die wichtigsten sind:
-
-
- Weiss ich, was von mir und meiner Arbeit erwartet wird?
- Habe ich das Material und die Ausrüstung, die ich brauche, um meine Arbeit ordentlich zu machen?
- Habe ich bei meiner Arbeit täglich Gelegenheit das zu tun, was ich am besten kann?
- Interessiert sich mein Vorgesetzter für mich als Person?
- Fördert jemand meine Entwicklung?
- Wird meine Meinung ernst genommen?
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(Buckingham, Marcus; Coffman,Curt: Erfolgreiche Führung gegen alle Regeln.
Wie Sie wertvolle Mitarbeiter gewinnen, halten und fördern. Konsequenzen aus der weltweit größten Langzeitstudie des Gallup-Institutes – erschienen 1999: übersetzt von H. Allgeier, Frankfurt a.M. 2001).
Führungskräfte, die es schaffen, dass alle Fragen von ihren Mitarbeitern und natürlich ihnen selbst positiv beantwortet werden, brauchen sich um Fluktuation, Motivation, Produktivität und Gewinn keine Sorgen mehr zu machen.
Nicht das Gehalt, Zusatzleistungen, Vergünstigungen oder ein charismatischer Unternehmenschef an der Spitze sind also entscheidende Faktoren für einen starken, produktiven Arbeitsplatz, sondern der Vorgesetzte. Der direkte Vorgesetzte entpuppte sich als der Schlüssel. Der Vorgesetzter hat die größte und grundlegende Auswirkung auf Mitarbeiterbindung, Fluktuation, Mitarbeiter- Meinung und Unternehmensertrag.
Wenn also der direkte Vorgesetzte der Schlüssel ist, dann bedeutet dies,
dass Mitarbeitende nicht Unternehmen verlassen, sondern Vorgesetzte. Anders formuliert: Mitarbeiter kündigen nicht dem Unternehmen, sondern dem unmittelbaren Vorgesetzten. Wer ein Fluktuationsproblem hat, sollte sich daher in erster Linie die Vorgesetzten einmal näher ansehen.
Und ein zweites wichtiges Ergebnis der obigen Studie ist, dass Führungskräfte mit den gängigen Management-Mythen aufräumen:
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- Jeder Mensch habe ein unbegrenztes Potenzial, das man nur freilegen müsse.
- Man müsse alle Arbeitsschritte und Verfahren für alle einheitlich festlegen.
- Man solle jeden Mitarbeiter so behandeln wie man selbst behandelt werden will.
- Man solle alle gleich behandeln.
- Man müsse den Mitarbeitern helfen, an ihren Schwächen zu arbeiten.
Das alles ist Unsinn!
Gute Führungskräfte stellen vielmehr eine schlichte Erkenntnis in den Mittelpunkt ihrer Arbeit: jeder Mensch ist einzigartig. Daher ist auch nichts ungerechter als die gleiche Behandlung von Ungleichen.
Erfolgreiche Führungskräfte haben begriffen, jeder Mensch hat seine eigenen Antriebskräfte, seine eigene Art zu denken, zu kommunizieren und zu handeln. Es hat überhaupt keinen Sinn, wenn man versucht, einen Menschen umzukrempeln, Talente in ihm zu fördern, für die er keine Anlagen mitbringt. Viel sinnvoller ist es, das aus dem Menschen herauszuholen, das in ihm steckt. Das ist schon schwierig genug.
Und die neue Generation Z, die derzeit ins Berufsleben startet, fordert die Unternehmen mit ihren ganz eigenen Wünschen und Werten noch ganz anders heraus. Diese Generation sei mit realistischen Zielen groß geworden: “Mach was du gut kannst, nur die Besten sind erfolgreich”, wie Prof. Dr. Susanne Böhlich im Interview mit der Trendinfo-Redaktion der Bank für Sozialwirtschaft berichtet, das Sie hier lesen können.
Aufgabe von Führungskräften ist es also, Räume dafür zu schaffen, dass sich Mitarbeitende entfalten und weiterentwickeln können. Führungstechniken reichen hierfür nicht aus.
Denn was haben die viel gepriesenen Patentrezepte der Wirtschaft wie Lean-oder Change-Management, Re-Engineering, Outsourcing und andere gebracht, außer Stress bei Führungskräften, Ängste bei Mitarbeitern um ihren Arbeitsplatz, Verlust an Motivation und Orientierung, Verlust der Glaubwürdigkeit und im Zuge dieser Entwicklungen Verluste an Identifikation mit dem Unternehmen sowie der Arbeit und damit Verlagerung des Engagements in die Freizeit?
Cartoon von Thomas Plaßmann
Führungskräfte gibt es viele, Führungspersönlichkeiten nur wenige.
Die erfolgreiche Führungskraft wird mehr an ihren Führungsqualitäten gemessen und weniger an der Bewältigung von fachlichen Aufgaben.
Viele gute Fachkräfte werden mit Führungsaufgaben betraut, weil sie viel Fachkompetenz haben und scheitern oft, weil sie keine Führungsqualitäten haben. Fachkompetenz bedeutet also noch lange nicht Führungskompetenz.
Doch leider hat das „Peter- Prinzip“ immer noch Hochkonjunktur, auch in der Sozialbranche. Peter, ein amerikanischer Ökonom, hat verkürzt gesagt, folgende These aufgestellt: „Jeder steigt bis zur Stufe seiner Inkompetenz auf“. Das System oder die Organisation bricht aber deswegen nicht zusammen, da es immer noch Menschen darin gibt, die noch nicht aufgestiegen sind und das System tragen und stützen.
Beispiele hierfür sind gute Pädagogen, die Schulleiter werden, weil sie gute Pädagogen sind, aber oft überfordert sind, da sie keine Führungs- und Organisationskompetenz haben. Oder hervorragende Ingenieure, die technische Geschäftsführer wegen ihrer Fachkompetenz werden, ein Unternehmen aber vor die Wand fahren, da es ihnen an Führungs- und Sozialkompetenz fehlt.
Fachkompetenz muss natürlich sein. Wer sein Handwerk versteht, hat schon einmal eine gute Grundlage für den Erfolg. Doch Fachkompetenz allein reicht nicht aus. Und ohne soziale Kompetenz geht gar nichts. Führungskompetenz muss er-arbeitet und gelebt werden.
Man erhält per Dienstvertrag lediglich die Funktion als Vorgesetzter. Ob man aber Führungskraft ist, das entscheiden dann nicht mehr die Einstellungsträger, Vorstände oder Aufsichtsräte, sondern vor allem die Mitarbeitenden und die Kunden.
Erfolgreich führen können nur glaubwürdige Persönlichkeiten, die offen, ehrlich, verlässlich, verantwortungsbewusst, fair und authentisch sind.
Wer diese Eigenschaften hat, gewinnt die Herzen der Mitarbeitenden
und das Vertrauen der Kunden. Wer sie nicht besitzt, erzeugt Widerstände. Viele Führungskräfte scheinen allerdings immer noch der Meinung zu sein, dass sie keine besseren Führungsqualitäten nötig hätten, sondern bessere Mitarbeitende.
Solche Führungskräfte leiten offensichtlich den Begriff Manager von „Manege“, also Reitplatz, Zirkuszelt ab. Aber der Manager der Zukunft mit Führungsqualitäten hat nichts mehr mit dem Zirkusdirektor zu tun, der die Puppen nach seiner Pfeife tanzen lässt.
Die Ausbildung von Wirtschaftsfachleuten und ihre Vorbereitung auf Führungsaufgaben konzentriert sich aber immer noch zu sehr auf das Management, d.h. auf Planung, Finanzen, Organisation, Personal, Controlling und Digitalisierung.
So wichtig und notwendig all diese Instrumente sind, führen die hierbei eingesetzten Management-Techniken, betriebswirtschaftlichen Prinzipien, Formalismen und Verfahren seit Jahrzehnten in den (Irr-) Glauben oder die Wunschvorstellung, der Erfolg eines Unternehmens sei im naturwissenschaftlich Sinne machbar, als wenn das Leben so linear ablaufen würde, wie es die Methoden vorsehen.
Eine weitere Anekdote beschreibt die sehr schön:
Der Controller
Ein Mathematiker, ein Jurist und ein Controller bewerben sich um den selben Job. Der Geschäftsführer bittet sie nacheinander herein und fragt jeden: „ Was ist 2 + 7?“
Der Mathematiker überlegt nicht lange und antwortet: „ Neun“.
Der Jurist antwortet nach einigem Nachdenken: „Unter gewissen Umständen und vorbehaltlich einer genaueren Prüfung: „Neun“.
Nachdem der Controller die Frage gehört hat, steht er auf, schließt Türen und Fenster, setzt sich neben den Geschäftsführer und fragt flüsternd: „Was wollen Sie denn, dass dabei herauskommt?“
Der Controller erhält die Stelle.
(Quelle unbekannt)
Das Management ist in der Regel eine Welt der Techniken, Diagramme, Statistiken, Analysen und Prognosen, die auch die Sozialbranche immer mehr in den Schwitzkasten nimmt.
Zählen und Messen ist eben leichter, als eine Idee oder eine Konzeption zu entwickeln. Mittel mutieren zum Zweck. Quantität verdrängt Qualität.
An Stelle einer Konzeption zur Steigerung des Kundennutzens und der Mitarbeiterzufriedenheit tritt Profitsteigerung oder Kostenreduzierung
als Unternehmensziel.
So hörte ich noch vor einigen Tagen von einem Geschäftsführer, der seinen Heimleitungen folgende Maxime mit auf den Weg gab: „Im Rahmen des Budgets können Sie machen was sie wollen. Hauptsache die Rendite stimmt.“
Meine Erfahrung dagegen ist: „Wenn man auf die Kosten losgeht, sinkt die Qualität. Wenn man auf die Qualität losgeht, sinken die Kosten.“
Um Gestaltungsspielräumen zu erhalten, dürfen daher zunächst nicht Leistungen reduziert werden, sie müssen kostengünstiger erbracht werden. Allerdings sind auch hier Erneuerer gefragt und keine Sanierer. Diese haben in der Regel nur Zahlen vor Augen, aber keine Menschen. So kommt es zum häufigsten Managementfehler, einer „von oben“ angeordneten linearen Kürzung der Personal- oder Sachkosten um einen bestimmten Prozentsatz.
Man will niemandem weh tun. Doch in Wirklichkeit scheuen sich die Verantwortlichen vor Prioritäten- und Effizienz-Diskussionen. Lineare Kürzungen sind letztlich immer ungerecht, ein Zeichen fehlender Führungskompetenz und oft genug auch ökonomisch kontraproduktiv.
Ein solches ausschließlich von Finanzierungssorgen und Existenzängsten geleitetes einseitiges Vorgehen mit befristeten Verträgen, Tarifkürzungen, Outsourcen u.a. führt zu folgenschweren Fehlentwicklungen. Es ist weder menschlich zu verantworten, noch wirtschaftlich sinnvoll. Vielmehr werden so wesentliche Grundlagen qualitätsorientierten Arbeitens gefährdet und den Vorwürfen der Kostenträger z. B. nur Vorschub geleistet, dass in der Altenpflege noch genügend Reserven vorhanden sein.
So strich ein Heim im Großraum Stuttgart seinen 117 Bewohnern den Nachmittagskaffee und das Gebäck – aus Kostengründen. Der Heimleiter begründete diese Maßnahme mit dem Finanzloch von circa 250.000 Euro. Man habe sparen müssen.
Man muss sich im klaren darüber sein, dass im Dienstleistungsbereich „Pflege“ der Preis-Wettbewerb in erster Linie immer Lohnkosten-Wettbewerb ist. Und wenn die Personalkosten circa 70 Prozent betragen, wo soll denn dann noch gespart werden?
An der Spitze der Betriebe sitzen inzwischen zu viele Kostenrechner und „Erbsenzähler“. Hierzu möchte ich Ihnen eine kleine Anekdote erzählen:
Schuberts Unvollendete
Ein Vorstandsmitglied eines großen Unternehmens hatte Konzertkarten für Schuberts unvollendete Sinfonie bekommen. Er war verhindert und gab die Karte seinem Fachmann für Arbeitszeitstudien und Personalplanung.
Am nächsten Morgen fragte das Vorstandsmitglied den Mitarbeiter, wie ihm das Konzert gefallen habe. Und anstelle einer Pauschalkritik überreichte ihm der Fachexperte ein Memorandum, in dem es heißt:
Für einen beträchtlichen Zeitraum hatten die vier Oboen- Spieler nichts zu tun. Ihr Part sollte daher reduziert, ihre Arbeit auf das ganze Orchester verteilt werden. Dadurch würden auf jeden Fall gewisse Arbeits- Zusammenballungen eliminiert werden.
Alle zwölf Geiger spielten die gleichen Noten. Das ist unnötige Doppelarbeit. Die Mitgliederzahl dieser Gruppe sollte drastisch gekürzt werden. Dadurch würden sich punktuelle Überkapazitäten schnell und einfach vermeiden lassen.
Erhebliche Arbeitskraft kostete auch das Spielen von Zwei-und-dreißigstel-Noten. Das ist eine unnötige Verfeinerung. Es wird deshalb empfohlen, alle Noten auf- beziehungsweise abzurunden.
Würde man diesem Vorschlag folgen, wäre es möglich, Volontäre und andere Hilfskräfte einzusetzen.
Unnütz ist es, dass die Hörner genau jene Passagen wiederholen, die bereits von den Saiteninstrumenten gespielt wurden. Würden alle überflüssigen Passagen gestrichen, könnte das Konzert von 25 Minuten auf 4 Minuten verkürzt werden.
Hätte Schubert sich einst schon an diese neuzeitlichen Effizienzkriterien gehalten, wäre er wahrscheinlich im Stande gewesen, seine Sinfonie zu vollenden.
(Text aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 16.11.1981)
Natürlich werden auch Sozialunternehmen an ihrem Erfolg gemessen.
„ Wer seinen Erfolg nicht feststellen kann“, sagt Peter Drucker sehr drastisch,“ hat im Endeffekt keine Existenzberechtigung“. Aber was ist Erfolg und wie stellen wir ihn fest? Am leichtesten kann man ihn natürlich am betriebswirtschaftlichen Jahresergebnis festmachen. Doch man kann einen Betrieb auch „tot-sanieren“.
Ein Sozialunternehmen ist erfolgreich, wenn es aus der subjektiven Sicht der Kunden und der wichtigsten Anspruchsgruppen die gesteckten bzw. vereinbarten Ziele erreicht. Und damit sind wir wieder bei der Führung, auf die ich im nächsten Kapitel eingehe.